ALLES MUSS RAUS | DIE GARTENSAISON KANN BEGINNEN

Ja mei, ist denn schon wieder Frühjahr? Ja, auch wenn es draußen vielleicht noch nicht so aussieht. Jedenfalls was das Wetter betrifft. Die Natur jedenfalls ist schon viel weiter als in den letzten Jahren. Diesen März sind bereits viele Sträucher schon in Blüte, die sonst erst viel später an der Reihe wären. Auch die Tatsache, dass einige Zugvögel gar nicht mehr den beschwerlichen Weg in den Süden antreten oder zumindest nicht mehr so weit gen Süden fliegen und sie Ende Februar bereits wieder zurückkamen, lässt unzweifelhaft erahnen, dass der Frühling nicht nur kalendarisch da ist. Und mit ihm wie jedes Jahr der direkte Wunsch, bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen zumindest schon mal einen Stuhl vor die Tür zu stellen. Wenn’s denn etwas mehr an Möbel für draußen sein soll: Wir hätten da was für Sie.

Die Geschichte der Gartenmöbel ist noch relativ jung. Zwar gab es schon lange feststehende Bänke in Parkanlagen und auch in großen Privatgärten. Bewegliche Möbel, die flexibel am jeweils gewünschten Ort einsetzbar waren, kamen jedoch erst Anfang des 19. Jahrhunderts auf, zum Beispiel in Biergärten und Gartencafés. Aber erst mit der Reiselust der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und deren Erfahrung im Süden von täglichem Leben unter freiem Himmel während des Sommers, begann der Siegeszug der Gartenmöbel in die Gärten und auf die Terrassen und Balkone der deutschen Haushalte. Seitdem ist ihr Marktsegment immer größer geworden, wozu auch die heutige Materialvielfalt und die immer wärmeren, früher beginnenden und länger dauernden sommerlichen Tage beitragen. Die Übergänge zwischen drinnen und draußen sind inzwischen fließend. Sitzlandschaften, fest installierte Küchenzeilen und Kaminwände schaffen die Illusion des Wohnens unter freiem Himmel. Bezüglich der Materialien ist auch für den Outdoor-Bereich nahezu jeder Einrichtungsstil möglich. Der Klassiker Holz mit witterungs­- schützenden Lasuren oder Lackierungen muss nicht rustikal und schwer daherkommen. In Verbindung mit rostfreien Aluminium-Hohlprofilen wirkt er nicht nur leicht, sondern ist es auch. Modern in der Formgebung sind derartige Möbel zeitlos und somit auch kompatibel zu nahezu allen sonstigen Stilen. Das gleiche gilt für die Kombination Holz mit Edelstahl. Diese Variante ist zwar edler in der Optik, aber auch zugleich schwerer und teurer. Wichtig sind in beiden Fällen mit Holz bedeckte Armlehnen, da es sonst bei vorheriger Sonneneinstrahlung regelrecht zu Verbrennungen an den Unterarmen kommen kann. Dies ist auch bei der Wahl des Materials der Tischplatte durchaus von Bedeutung. Beim Kauf von reinen Holzmöbeln gibt es gewaltige Unterschiede in Qualität und Preis. Letzterer ist aber oft auch ein Hinweis auf die Herkunft, Verarbeitung und Haltbarkeit des Holzes. Nach wie vor beliebt sind Tropenhölzer, die inzwischen aber aus zertifizierten Plantagen kommen, oder besser gesagt, kommen sollten. Um in unserem Klima zu bestehen, müssen Gartenmöbel aber nicht aus diesem Hartholz mit zuweilen unklarer „Vita“ gefertigt sein. Heimische Hölzer wie Robinie/Akazie, Buche, Eiche, Esche, Elsbeere, Ahorn oder auch Walnuss sind bei regelmäßiger Pflege mit Ölen oder Lasuren durchaus auch als wetterfest anzusehen.

 

Kunststoff-Gartenmöbel sind zwar in der Regel kostengünstig, aber nicht unbedingt preis-wert. Da ist zum einen der Umweltaspekt, der sowohl bei der Herstellung als auch bei der Entsorgung negativ zu Buche schlägt. Zum anderen werden diese Möbel durch den ständigen Witterungswechsel relativ schnell spröde und bleichen aus. Dass man nach jedem größeren Windstoß alle Teile einer Sitzgruppe wieder zusammensammeln muss, macht diese Materialwahl auch nicht unbedingt empfehlenswert. Eine Alternative dazu ist seit einigen Jahren unter dem Materialnamen Trespa auf dem Markt. Diese Hochdruck-Schichtpressstoffplatten bestehen im Innern aus hochverdichteten Holzfasern, die beidseitig mit wasserresistentem, witterungsbeständigen und lichtechtem Kunststoff beschichtet sind. Durch die extreme Innenverdichtung sind die Platten formstabil, die Schnittkanten sauber und Schraubverbindungen stabil. Neben unifarbenen Platten gibt es inzwischen auch vielerlei Dekore und Muster im Handel. Dort gibt es fertige Möbel aus Trespa, aber viele Handwerker verstehen sich auf das Material und können individuelle Möbel auf Maß herstellen.

Seit Jahrzehnten nie ganz aus der Mode gekommen sind geflochtene Möbel aus Rattan. Ihre Optik spielt mit der Assoziation an den Süden, an Sonne und Strand. Nach einem Regenschauer sind sie am schnellsten wieder trocken, sie wirken leicht und luftig, sind in der Formgebung meist rundlich und daher haptisch sehr angenehm. Da der Wind keine glatte und geschlossene Angriffsfläche hat, sind sie trotz ihrer Leichtigkeit nicht ganz so windanfällig. Im Winter jedoch ist es ratsam, diese Art von Gartenmöbel auf jeden Fall witterungsgeschützt unterzubringen. Eine neuere Art von Flechtmöbeln sind jene aus Polyrattan. Wie der Name schon sagt, ist hier wieder Kunststoff im Spiel. Im Gegensatz zu ihrem natürlichen Pendant, welches seine Stabilität aus dem Material selbst bekommt, wird hier das Kunststoffgeflecht um ein Draht- oder Eisengerüst angebracht. Daher können auch rechtwinkligere, sprich kantigere Formen erreicht werden. Viele der neuen Sitzlandschaften aus einzelnen kubistischen Elementen sind aus diesem Material hergestellt und haben wetterfeste Auflagen, die wiederum natürliche Stoffe nachahmen. Die Oberflächen sind in der Struktur dichter gewoben als bei den Rattanmöbeln und somit windanfälliger, durch das metallene Trägermaterial sind sie aber auch schwerer und somit standfester.

Ein Material für Outdoor-Möbel, was im Zuge der Nachhaltigkeits-Debatte wieder in aller Munde ist, ist das Lloyd-Loom-Geflecht, benannt nach seinem Erfinder Marshall Burns Lloyd. Dieser hatte sich 1917 ein Verfahren patentieren lassen, bei dem robustes Papier extrem dicht um einen Metalldraht gedreht wird. Somit entsteht ein zugfester Zwirn, der dann an mechanischen Webstühlen (engl. Looms) zu Flechtmatten weiterverarbeitet wird. Durch das Aufspannen auf schlanke und zum Teil gebogene Holzgestelle entstanden außergewöhnliche Sitzmöbel, aber auch Tische, Kleinmöbel und Kinderwagen. Durch eine anschließende Lackierung wetterfest gemacht waren diese Möbel relativ leicht, aber stabil, witterungsbeständig, schneller und günstiger herzustellen als handwerkliche Möbel zu jener Zeit, farblich individuell und in kurzer Zeit sehr beliebt. Ihren großen Durchbruch erlangten sie durch ihren Einsatz auf Passagierdampfern und in Zeppelinen. Die heute noch populäre Sesselform mit dem rundum bis zum Boden gehendem Geflecht war eigens für ihren Einsatz als Schiffsdeckmöbel konzipiert worden, um beim Sitzen auch an den Beinen windgeschützt zu sein. Ihre heutigen Nachfolger sind vergleichsweise hochpreisig, jedoch äußerst bequem, optisch und haptisch schmeichelhaft, durch neu entwickelte Lackierungen sehr witterungsfest und eben dazu auch wesentlich nachhaltiger als Kunststoffgeflechte.

Zur Zeit sehr in Mode gekommen sind Gartenmöbel aus Metall, die durch farbige Pulverbeschichtungen zu jeder Farblaune passen. Mit ihnen können optische Statements gesetzt werden, entweder als Kontrast zu monochrom weiß blühenden Gärten oder als Steigerung einer bunten Vielfalt. Durch ihre Oberflächenbehandlung sind sie – soweit unbeschädigt – ebenso rostfrei und damit witterungsresistent wie ihre Kollegen aus Aluminium oder Edelstahl. Aber auch hier gilt Vorsicht bei zu intensiver Sonneneinstrahlung. Dann können sie leicht zu Brenneisen werden, daher sind Polsterauflagen eigentlich unvermeidlich. Neuerdings gibt es auch sogenannte Beton-Möbel. Meistens handelt es sich aber nicht um massiven Beton, da dieser naturgemäß „ortsgebunden“ und nicht flexibel einsetzbar ist, sondern um Fiberzement. In der Optik kaum von schwerem, gegossenen Beton zu unterscheiden, ist dieses Gemisch aus Zement, gemahlenen Steinen und Bambusfasern jedoch wesentlich leichter – wenngleich immer noch nicht leicht verrückbar -, aber ebenso wetterfest, robust und relativ frei in der Form gießbar. An Plätzen mit eindeutiger Nutzungsbestimmung bilden sie im wahren Wortsinn Standpunkte, die bei entsprechender Materialwahl des Bodenbelages quasi aus diesem herauszuwachsen scheinen. Leider halten sie nach einem Regenschauer länger die Feuchtigkeit, was man aber durch wetterfeste Auflagen wieder wettmachen kann. Bei aller Formen- und Materialvielfalt ist es oft schwierig, die richtige Wahl bei der Gartenmöblierung zu treffen, zumal sie auch durchaus kostenintensiv sein kann. Ein gelungener Übergang von innen nach außen lässt im Sommer wirklich das Gefühl von einer erweiterten Wohnfläche in der offenen Natur entstehen. Dabei sollte man sich aber auch vor Augen führen, dass Natur eben auch natürlich ist und auch so aussehen darf. Ein allzu geometrisch eingezwängtes und vielleicht dazu noch monochromes Pflanzkonzept und eine sterile Fläche mit ebensolcher Möblierung bedeuten nicht gleich Ruhe, Entspannung und Wohlbefinden. Die Seele baumelt auch gern mal in willkürlicher und ungezwungener Natur.

TEXT: Rainer Güntermann

FOTOS: www.garpa.de, www.varaschin.it, www.varaschin.it, www.lloyd-loom.com, www.gloster.com, Fermob, www.garpa.de, www.vincentsheppard.com, www.lambert-home.de