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Schreibtisch in einem Büro

 

Büromöbel sollen längst nicht mehr nur praktisch sein. Dafür verbringen wir viel zu viel Lebenszeit im Büro. Die Möbel repräsentieren ein Unternehmen nicht nur, sondern sorgen für einen angenehmen und organisierten Arbeitsplatz, in dem wir zwischen Funktion und Design kreativ und effizient sein können. Auch der Komfort kommt dabei nicht zu kurz – ergonomische Tische und Stühle schonen im Arbeitsalltag besonders den Rücken.

Vorbei sind die Zeiten, in denen Büromöbel bloße Container oder Ablageflächen waren. Gut so. Denn wenn sie auch nach wie vor der Büroarbeit dienen, sie vereinfachen, beschleunigen und effizienter machen, so sind die Einrichtungsgegenstände eines Arbeitsplatzes heute viel mehr: Wohlfühlelemente, Kreativquellen, Treffpunkte.

Nachdem das Sitzen auf Stühlen nicht mehr nur das Repräsentationssitzen der Macht und der Autorität darstellte, sondern im Bürgertum angekommen war, entstanden im 16. Jahrhundert mit dem aufkommenden Handel immer mehr sitzende Berufe: Kaufleute, Händler und Buchhalter waren immer mehr auf einen festen Arbeitsplatz angewiesen. Und damit auf entsprechende Möbelstücke. Mit der späteren Industrialisierung wurden Tische und Stühle noch praktischer angelegt – der Effizienz der Maschinen nacheifernd, mussten die Büromöbel das präzise und effiziente Arbeiten ermöglichen. Damals war die Maxime: Je weniger Bewegung am Arbeitsplatz nötig ist, desto besser.

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Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein waren die Möbel vornehmlich aus Massivholz gefertigt, später folgte furniertes Holz. In den 1970er Jahren kam Kunststoff als Material hinzu. Damit waren neue Farbgebungen und auch neue Formen möglich. Heute verwendet man meist Stahl, Aluminium und Holz in einer Kombination. Und nicht nur äußerlich wurden Büromöbel weitaus vielfältiger: Schreib-, Computer- und Besprechungstische, Schubladencontainer, Schränke, Sitzmöbel und Raumtrenner in ihren Varianten und Kombinationen bestimmen das Bild in den Office-Umgebungen. Dabei folgt die Form schon lange nicht mehr nur der Funktion. Wenn wir so viel Zeit am Arbeitsplatz verbringen, möchten wir uns schließlich auch wohlfühlen. Design spielt mittlerweile eine große Rolle, genau wie ergonomische Intelligenz und Flexibilität.

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So sind etwa die Möbelbausysteme so angelegt, dass sie sich Office-Anforderungen auch projektweise anpassen können. So wie die Teams sich in Größe und Zusammensetzung ändern, tun dies auch die Möbel. So lassen sich immer mehrere Funktionen zuweisen – Regale etwa bieten Stauraum, teilen Arbeitsbereiche ein oder bieten die spontane Theke zur Teambesprechung. Schreibtische lassen sich anordnen zu Einzel- oder Gruppenarbeitsplätzen sowie Besprechungsbereichen.

 

Kommunikation und Teamarbeit bestimmen heute schließlich
den Arbeitsalltag – inhaltlich DHDG_Mittelzone_Dauphin_Atelier_people_3-de24844c47e2ff48und auch räumlich. Denn „das“ Büro ist nicht mehr der klar abgegrenzte Arbeitsplatz, sondern tritt heute in verschiedenen Ausprägungen auf. So gibt es Bereiche, in denen man sich zum konzentrierten Arbeiten zurückziehen kann, sowie Treffpunkte und offene Bereiche, in denen die Kommunikation und Zusammenarbeit stattfinden sollen. Kurz: Der Arbeitsplatz ist ein Ort sozialer Interaktion geworden, in dem auch Emotionen ihren Platz haben – beinahe wie im Alltag. Die Möbel müssen also Funktionen erfüllen und flexibel sein, sollten aber auch über ein ansprechendes Design verfügen, um zum Wohlfühlen und zur Kreativität einladen zu können.

Neben Funktion und Design spielt auch der Begriff der Ergonomie eine immer größere Rolle, denn zum Wohlfühlen und effizienten Arbeiten gehört auch ein Arbeitsplatz, der nicht krank macht. Ergonomische Umsetzungen von Büromöbeldesign hielt bereits in den 1950er Jahren Einzug, als Ingenieure und Designer mit dem Anpassen der Arbeitsumgebung an die Anforderungen der Tätigkeit begannen. Teils mit normierten Vorgaben, teils mit Mechaniken und Hebeln, speziell die Bürostühle betreffend. Der starren Haltung sollte entgegengewirkt werden. Doch erst Ende der 1970er Jahre kam ein wirklich benutzerfreundlicher Drehstuhl mit Synchronautomatik auf den Markt.

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Seitdem hat sich das Zusammenspiel aus Design, Funktion und Ergonomie stetig verbessert. Dabei sollte etwa ein guter Bürostuhl wechselnde Sitzpositionen zulassen und den Körper dabei in jeder Position gut unterstützen. Die Sitzhöhe sollte verstellbar sein, um den Blutfluss im Beinbereich garantieren zu können, die Sitzfläche sollte zudem tiefengefedert sein und beim Hinsetzen nachfedern, um Stauchungen der Wirbelsäule zu vermeiden. Die Rückenlehne sollte mindestens bis zu den Schulterblättern reichen und zudem den Rücken im Lendenbereich deutlich spürbar unterstützen. Auch die Rückenlehne sollte übrigens verstellbar sein. Die schon erwähnte Synchronautomatik ist ebenso verfeinert worden und sollte heute bei einem guten Bürostuhl Standard sein. Dabei ermöglicht der Stuhl ein dynamisches Sitzen, indem sich beim Zurücklehnen neben der Rückenlehne auch die Sitzfläche neigt – der Stuhl folgt so der natürlichen Bewegung des Körpers.

BOSSE-SINGLE-OFFICEHeutige Entwickler und Produzenten von Bürostühlen gehen von genau diesen Bewegungsfreiheiten aus, wenn sie Sitzgelegenheiten für den Arbeitsplatz konzipieren. Die Firma HÅG etwa vergleicht das lange Sitzen am Schreibtisch mit dem früheren stundenlangen Sitzen auf dem Pferderücken. Diese Belastung sei nur durch das Zusammenspiel von aufrechter Haltung und ständiger Bewegung beim Sitzen möglich gewesen. Speziell die Füße im Steigbügel hätten es dem Reiter erlaubt, den Oberkörper im Sattel beweglich und aktiv zu halten. HÅG entwickelte mit der Balanced Movement Mechanik eine Möglichkeit, mit der der gesamte Körper den Stuhl kontrollieren kann. Auch die Beine und Füße würden so nicht „geparkt“, sondern blieben dynamisch, wie der Rest des Körpers.

Auch beim Schreibtisch kann man auf bestimmte Kriterien achten, die ein ergonomisches Mindestmaß garantieren. So benennt die Leitlinie „Qualitätskriterien für Büro-Arbeitsplätze“ von Quality Office, dem Qualitätszertifikat für Büro-Einrichtungen, etwa die Größe der Arbeitsfläche mit mindestens 160x80cm. Dadurch können der Sehabstand zwischen Auge und Bildschirm mindestens 50cm betragen, der je nach Bildschirmgröße auch angehoben werden müsste. Die Höhe der Arbeitsplatte sollte sich dem jeweiligen Nutzer anpassen lassen, so dass Ober- und Unterarm – ebenso wie Ober- und Unterschenkel – etwa einen 90°-Winkel bilden. Auch hier sollte den Beinen und Füßen ausreichend Bewegungsfreiheit zugesichert werden, indem die Breite des freien Beinraums mindestens 100cm betragen sollte, die Höhe ist hier abhängig von der eingestellten Höhe der Arbeitsplatte.

Besonders ideal stellt sich hier ein höhenverstellbarer Sitz-Steh-Arbeitstisch dar. Denn häufige Haltungswechsel während der Arbeit sind nun mal wichtig für eine ausreichende Durchblutung der Bandscheiben und der Muskulatur – und letztlich natürlich auch des Gehirns. So empfiehlt sich ein dynamischer Wechsel zwischen sitzender und stehender Tätigkeit sogar alle 20 Minuten. Sitz-Steh-Arbeitsplätze lassen daher auch eine besonders flexible Arbeitsorganisation zu; praktisch jede Tätigkeit lässt sich so auch im Stehen ausüben. Die Höhe kann dabei mit einem Elektromotor, Gasfedern oder Kurbel verändert werden. Zudem gibt es Modelle mit Memory-Funktion, in der sich Höhen für verschiedene Nutzer speichern lassen. Die Hund Möbelwerke zum Beispiel liefern ihren Sitz-Stehtisch Thales mit einer entsprechenden Software aus, über die solche Profile angelegt, aber auch Bewegungserinnerungen eingestellt werden können.

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Vorbei sind die Zeiten, in denen das Büro grau war und beengend. Der Arbeitsplatz soll nämlich Freiheit vermitteln – die Bewegung, die Kommunikation und die Kreativität gleichermaßen betreffend. Und Büromöbel öffnen uns diese Räume. Gut so.

 

TEXT: Christian Dang-anh

Fotos: Hund Möbelwerke, Scandinavian Business Seating, Dauphin Home, BOSSE, HAG