Tücken der Sprache:
Genügt eine E-Mail als schriftliche Mangelrüge beim VOB/B-Bauvertrag?

 

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Melanie Bentz Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

Melanie Bentz
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

Die E-Mail ist heutzutage weder aus der privaten Korrespondenz, noch aus dem Geschäftsleben weg zu denken. Sie garantiert eine schnelle Handlungsmöglichkeit; auch und gerne von unterwegs über das Smartphone.

Kaum jemand macht sich beim Versenden einer E-Mail Gedanken darüber, welche rechtlichen Folgen sich aus einer entsprechenden Nachricht ergeben.

Dieser Umstand ist in den letzten Jahren immer häufiger Bauherren zum sprichwörtlichen Verhängnis geworden:

Die Regelung des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B bestimmt, dass schriftlich gerügte Baumängel in zwei Jahren, gerechnet ab dem Zugang des Mangelbeseitigungs­verlangens verjähren; nicht jedoch vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Fristen.

Diese komplizierte Regelung besagt, vereinfacht ausgedrückt, dass sich bei Baumängeln, die kurz vor Eintritt der Verjährung schriftlich angezeigt werden, die gesetzliche Verjährungsfrist um bis zu 2 Jahre verlängern kann.

Mittlerweile haben sich mehrere Oberlandesgerichte mit der Frage auseinander setzen müssen, ob eine E-Mail das Erfordernis der Schriftform erfüllt.

Dies wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Beschluss vom 30.04.2012 (Az.: 4 U 269/11) ebenso verneint, wie in einer jüngeren Entscheidung vom 26.11.2015 (Az.: 1 U 219/15) vom Thüringer Oberlandesgericht.

Nach dem alltäglichen Sprachgebrauch ist es für die meisten Personen nicht zu verstehen, weshalb Gerichte eine E-Mail nicht als „schriftliche“ Mangelanzeige ansehen.

Allerdings deckt sich die Umgangssprache nicht immer mit den Definitionen eines bestimmten Begriffs in einer Fachsprache.

Die Definition des Begriffs „Schriftform“ findet sich in § 126 Abs. 1 BGB. Hiernach ist Schriftform gegeben, wenn die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wurde.

Es muss sich also eine eigenhändige Unterschrift auf dem Dokument befinden und nicht lediglich der maschinenschriftlich aufgedruckte Name!

Die Voraussetzungen einer eigenhändigen Unterschrift für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform entfällt nur dann, wenn die E-Mail mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 126 a Abs. 1 BGB).

Die vom Gesetzgeber vorgesehene qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt.

Aufgrund der gesetzlichen Definition des Begriffes der Schriftform haben sowohl im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, als auch des Thüringer Oberlandesgerichts die Bauherren ihre Klagen auf Schadensersatz verloren, da die Ansprüche bei Klageerhebung bereits verjährt waren. In beiden Fällen wäre dies bei einer Mangelrüge mit eigenhändiger Unterschrift anders zu beurteilen gewesen, da sich dann die Verjährungsfrist verlängert hätte.

Vor diesem Hintergrund ist dringend dazu zu raten, Mangelbeseitigungs­auf­forderungen mit Fristsetzung konventionell auf einem Schriftstück festzuhalten und eigenhändig zu unterzeichnen.

Für die Versendung des unterzeichneten Schriftstücks bestehen keine Besonderheiten; dies kann per Fax oder per Brief erfolgen.

Um im Falle einer späteren Rechtsstreitigkeit den Zugang des Schreibens nachweisen zu können, sollte als Versandart per Brief entweder das Einschreiben/Rückschein oder das Einwurf-Einschreiben gewählt werden.

Bei der Versendung per Fax ist zu beachten, dass es keine einheitliche Handhabung der deutschen Gerichte gibt, ob ein positiver Faxsendebericht ausreicht, um den Zugang eines Faxes beim jeweiligen Empfänger zu beweisen.

Es bietet sich an, das Schriftstück per Fax zu versenden und sodann durch einen Dritten beim Empfänger telefonisch nachfragen zu lassen, ob das Schreiben dort eingegangen ist. Über dieses Telefonat sollte der Dritte eine kurze Gesprächsnotiz fertigen. Auf diese Art und Weise kann der Zugang der Mangel­be­leitigungsauf­forderung durch den Dritten als Zeugen unter Beweis gestellt werden.

Text: Melanie Bentz