SOFORTREINIGER

Sofortreiniger

 

Was waren das noch für Zeiten, als Besen, Handfeger und Kehrblech noch ein eingeschworenes Reinigungsteam bildeten. Immer griffbereit, lautlos und geruchsneutral.

Heute hängt bestenfalls über der Küchenarbeitsplatte, schlimmstenfalls neben dem Esstisch der Akku-Handstaubsauber als – weil farblich abgestimmt- zusätzliches Dekoelement an der Wand. Auch im Dunkeln ist er dank der Aufladeleuchte stets schnell und sicher zur Hand. Beginnen nach einigen Monaten die aufgesaugten Lebensmittelreste ein buntes und bewegtes Eigenleben im durchsichtigen Müllbehälter, bieten sie einen weiteren optischen und bei Inbetriebnahme auch nasalen Anreiz.
Anders im Bad: Während der Studenten-WG-Zeiten war zwar jede zum Überleben unbedingt notwendige Säuberungsmaßnahme in seitenlangen Putzplänen aufgelistet, natürlich geschlechtsneutral, paritätisch und postergleich stets augenfällig am Infobrett aufgepint, der Duschvorhang jedoch durfte langsam, aber stetig Kolonien von Bakterien und Keimen in seinen feuchten Falten ansiedeln. Allmählich aufsteigende Schleimfahnen sorgten je nach Shampoofarbe für colorative Akzente zum Einheitsweiß oder –beige der Kacheln. Mögliche Geruchsprobleme wurden einfach weggeschäumt, und beim Zur-Seite-Schieben war das vermeintliche Problem sowieso aus den Augen und aus dem Sinn.

Heute aber müssen wir zum Duschen trotz pizza-großer Brauseköpfe die doppelte Zeit einplanen, da wir nach erfolgtem Wellness-Refreshing die hier stets griffbereite Fensterflitsche zur Hand nehmen müssen, um die riesigen Glaswände der begehbaren Dusch-Zelle, ach, was sag’ ich, Dusch-XXL-Vitrine abzuziehen. Da gibt es kein Pardon. Drohend wie ein Colt im Schaft eines Cowboys hängt das Gummigerät direkt zwischen Wasserthermostatventil und Edelstahlgitterkorb mit Pflegeartikeln. Dabei könnten sich langsam verdichtende Kalktropfen auf den bruchsicheren Glaspaneelen ähnlich wie Hamilton-Fotos eine fantasieanregende, diffuse Silhouette duschender Körper ermöglichen. Aber das After-Shower-Fitness-Workout ist uns wie das Zähneputzen zum morgendlichen Ritual geworden. Zumindest hierbei wird auch der eingefleischte Hausarbeitsmuffel zum emanzipierten Putzmann.

 

Text: Rainer Güntermann

Foto: A.R. / pixelio.de