DAS NEUE BAD -Fitnessstart in den Morgen Wellnessausklang am Abend-

Nasszelle – dieses Wort hat scheinbar immer noch nicht ausgedient, betrachtet man den Großteil der heutigen Badezimmer. Und damit meine ich nicht nur jene, oft diversen Zwängen ausgesetzten, Mietwohnungsbäder. Auch in Privathäusern oder Eigentumswohnungen steht die umgesetzte Realität oft in krassem Missverhältnis zu möglichen Alternativen. Vielleicht scheitern aber auch viele Eigentümer eben an dieser immensen Auswahl und wählen die einfache und stilsichere Boden-in-grau und Wand-in-weiß – Lösung. Aber nur Mut – wir geleiten Sie in dieser und den nächsten Ausgaben sicher durch den Auswahl-Dschungel. Zu Anfang ein paar Grundüberlegungen.

 

Beginnen wir mit dem Boden. In Zeiten von Silikon und Hightech-Oberflächen braucht niemand mehr Angst vor Nässe zu haben, von Rutschgefahr einmal abgesehen. Steinzeugdielen mit täuschend echter Holzoptik, sei es rustikal mit Astlöchern oder clean wie Parkett, schaffen direkt eine wohnlichere Atmosphäre, lassen den Übergang in den Nassbereich nicht so abrupt erscheinen und sind –sofern die Fugengestaltung nicht alles wieder zunichte und lächerlich macht- durchaus stilistisch erlaubt. Jedoch sollte man sich hüten vor jedweden Platten-Lösungen, auf denen schon einzelne Elemente zusammengefügt und nur die Fugen zwischen diesen Platten real sind, jene innerhalb der Platte aber nur angedeutet. Ein Parkett aus Steinzeugfliesen sollte wie das Original aus Holz ebenfalls nur aus einzelnen Elementen bestehen, die zu einer Gesamtoptik zusammengefügt werden. Bei entsprechend ausgerüstetem Untergrund kann dann auch auf breite Zementfugen verzichtet und alles dicht an dicht verlegt werden. Aber warum sollte man auf Echtholz im Bad verzichten? Schließlich sind auch im Bootsbau die Außendecks oft genug aus Holz gefertigt. Fachmännisch verklebt und versiegelt trotzen sie Wind und Wetter, selbst dem aggressiven Salzwasser. Wenn man auf Nummer doppelt sicher gehen will, kann man auf ein Echtholzparkett im Bad bei entsprechender Raumgröße auch wasserdichte „Inseln“ legen. Eine zumindest dreiseitig freistehende Wanne kann zum Beispiel auf einer Cortenstahl-Platte platziert werden, einem vorgerosteten, aber imprägnierten Material mit wunderbarer Patina. Der Kontrast wird um so größer, je kleinteiliger, ja auch verspielter das darunterliegende Parkett ist. Eine solche Lösung verlangt aber nach frühzeitiger Planung bezüglich Plattengröße, Transport und gegebenenfalls notwendigen Lochbohrungen für Leitungen. Eine perfekte Inszenierung wäre dann die Weiterführung des Plattenmaterials, in dem es in diesem Bereich auch an der Wand hochgezogen wird.

Apropos Versiegelung: Dem ohnehin feuchteren Raumklima der Badezimmer sollte man möglichst viele unversiegelte Flächen entgegenstellen. Weder komplett wanddeckende noch raumhohe Kachelungen oder auch nur Lackierungen sind spritztechnisch notwendig oder optisch reizvoll. Besser sind Fliesen-, Glas- oder Lackspiegel im Umfeld der jeweiligen Sanitärobjekte mit sinnvoller Ausdehnung nach oben und zu beiden Seiten, ähnlich den klassischen Kachelspiegeln hinter der Küchenarbeitsplatte mit Herdplatten und Spüle. Dadurch können gezielt Glanzpunkte gesetzt werden – im wahren Wortsinn. Durch diesen akzentuierten Einsatz verkleinert sich die versiegelte und erhöht sich der Anteil der atmungsaktiven Fläche. Diese Akzentuierung erlaubt dann auch expressivere Materialien, Oberflächen und Farben, fordert diese förmlich ein. Dabei sollte man sich nur nicht von aktuellen Modefarben verleiten lassen. Auch das sogenannte Alibi-Rot ist brandgefährlich. Auf Dauer sind diese Farben genauso wenig von Dauer wie die Mode selbst. Aber: Eine Wand, ein Pfeiler oder eine Decke sind schnell neu gestrichen, eine gekachelte oder geflieste Wand erfordert einen ungleich höheren Aufwand bei einer gewünschten Farbänderung. Also doch besser Wand-in-weiß? Nein! Welche unverzichtbaren Accessoires finden Einzug in das neue Bad? Welche Lieblings-Textilien kommen zum Einsatz? Welche Leuchten sind schon vorhanden oder bereits ausgewählt? Gibt es Bilder oder Ähnliches? Aus all diesen Komponenten ergibt sich oft automatisch eine Farbskala, die es nur zu komplettieren oder zu komplementieren gilt. Und keine Angst vor dunklen Flächen. Gerade dunkle Farben wirken umso mehr, je kleiner die Räume sind, da sie ihm den Charakter eines wertvollen Schmuckkabinetts geben. Da Bäder naturgegeben die bestausgeleuchteten Räume der Wohnung sind oder zumindest sein sollten, ist daher auch bei schwarzen Kacheln genug Licht vorhanden.

Wie in Wohnräumen sollte man aber auch im Bad nach der Maxime handeln, nicht zu viel unterschiedliche Materialien zu verarbeiten, nicht mehr als zwei verschiedene Breiten und Höhen markant gestalteter Felder zu planen, nicht zu viele Versprünge in der Wand- oder Deckenoberfläche zuzulassen. Trockenbauer sind Meister im Verkleiden von störenden Leitungen und dergleichen. Aber oft sind Aufdickungen durch Übereinanderlegen von Platten sinnvoll, um durchgehende Oberflächen zu erhalten anstelle eines Gipsreliefs. Hat man auf diese Weise Wandfelder erhalten, die vielleicht durch ihren Rücksprung nach Akzentuierung rufen, sind auch kleinteilige Mosaike eine sinnvolle und ansprechende Lösung. Durch die Kleinteiligkeit der Steinchen erhält das Feld auch eine optische Weite. Es gibt diese Mosaike aus Keramik in matt oder glänzend, aber auch aus Glas, zuweilen mit eingeschmolzenem Blattgold beziehungsweise Schlagmessing oder Goldstäbchen wie bei Bergkristallen mit rotilen Einschlüssen. Damit lassen sich verschiedenste optische Stimmungen erreichen. Eine interessante und wahrlich individuelle Lösung wird inzwischen von verschiedenen Firmen angeboten: Nach einem selbst ausgewählten Foto wird per Computer ein Mosaik nach Wunschmaß errechnet, auf einzelne Kachelplättchen gedruckt und exakt ausgerichtet auf ein Netz geklebt, welches dann an Ort und Stelle auf die Wandfläche aufgebracht und verfugt wird. Der Motivauswahl sind nicht nur in diesem Zusammenhang keinerlei Grenzen gesetzt.

Bei Wanne oder Dusche scheiden sich die Geister

Viele Sanitärobjekte-Hersteller nehmen den bei den Küchenherstellern schon seit Langem im Trend liegenden Einsatz von Modulsystemen auf. Das heißt, nicht mehr nur WC, Waschtisch und Wanne gehören zu einer Designlinie, sondern ganze Badmöbel. Die früher „nackt“ hängenden Waschbecken oder mit Wandkacheln kaschierten Badewannen werden in eine einheitliche Hülle integriert, aber durch ihre separate Platzierung zu Möbel-Solitären. Dazu passende Schränke –oft auch zum Hängen- komplettieren den Wohncharakter. Die oft klinisch-glatte Haptik mit ihren glänzenden Oberflächen kann aber auch zuweilen den berühmten Bruch vertragen, der aber einen geübten Umgang damit voraussetzt. Wie in der textilen Mode bricht ein kleines Accessoire in Material, Farbe oder Stil die bestehende Uniformität auf, bringt eine gewisse Spannung in die bisher eventuell langweilige Atmosphäre und sorgt gegebenenfalls auch für eine lockere Heiterkeit. Dies alles aber jenseits irgendwelcher schlüpfrigen Assoziationen.

Beim Thema Dusche oder Wanne scheiden sich bekanntlich die Geister. Es gibt bekennende Bader, es gibt eingefleischte Duscher. Lässt man einmal den ökologischen Aspekt außer Acht, ist ein entspannendes und entspanntes Wannenbad durch Nichts zu ersetzen. Daher wird dieses kleine Homespa auch vornehmlich abends genutzt. Die gemütliche Wanne ist auch gar nicht bestrebt, der schnellen Morgendusche Paroli zu bieten. Selbst wenn sie seltener benutzt wird, so stellt sie als größtes Badmöbel dennoch das Glanzstück des Raumes dar. Entsprechend gebührend sollte sie auch platziert werden. Die schönsten Modelle haben aber genau aus diesem Grund leider meistens keine Ablage. Die ist jedoch notwendig, um bei einem entspannenden Bad die Möglichkeit zu haben, Buch, Brille, Wasserglas, gegebenenfalls Handy, vielleicht Kerzen und, nicht zu vergessen, Pflegeartikel in Griffnähe zu haben. Nur dann wird das Wannenbad zu einem Wellnessaufenthalt. Natürlich kann diese Funktion auch ein klassischer Beistelltisch übernehmen. Bei der Dusche geht der Trend immer mehr in Richtung einer offenen Lösung ohne Tür, geschweige denn Vorhang, denn selbst eine kleine, aber offene Duschecke kann oft mehr Bewegungsfreiheit bieten, als eine größere, geschlossene Kabine. Darüber hinaus entfällt der unangenehme Moment des Türöffnens, wo man meint, in einen Großraumkühlschrank zu treten.

In diesem Raum beginnt der Tag. Und endet dort auch.

Auch für Shampoo- oder Seifenreste beliebte Scharniere, Anschlussschienen oder Dichtungslappen entfallen. Selbst für einen nachträglichen Einbau werden spezi­elle Duschtassen in verschiedensten Variationen für die offene Lösung angeboten. Verzichtet man auf die ohnehin pflegeintensivere Glasabtrennung und setzt stattdessen, zumindest bis in eine entsprechende Höhe, eine schmale Ständerwand, können in dieser auch Wasser- und Elektroleitungen für beiderseitige Anschlüsse untergebracht werden, ohne aufwändige Stemmarbeiten in den Raumwänden ausführen zu müssen. Dies ermöglicht eine völlige Neustrukturierung und Platzoptimierung des Bades.

Wird die Annehmlichkeit einer gemütlichen Badewanne oft unterschätzt, so sollten aber alle anderen Badezimmer-Posten einer gemeinsamen Nutzungs-Überprüfung unterzogen werden. Ist das zweite Waschbecken notwendig, oder ist jeweils nur eine Person „beschäftigt“? Wird ein Bidet ausreichend genutzt? Ist man der All-in-one-Typ, oder verlagert man das WC in einen extra Raum? Möchte man aufgrund der Haushaltsgröße vielleicht beides? Ist aufgrund der Haushaltszusammensetzung eventuell ein Deckelurinal sinnvoll? Welche Artikel möchte ich unbedingt im Bad untergebracht haben und in welcher Größenordnung? Manchmal entstehen aufgrund eines solchen Check-ups ganz neue Perspektiven bezüglich der grundsätzlichen Badausstattung.

Wie auch immer ihr Bad zusammengesetzt ist oder sein wird, es ist zu bedenken, dass in diesem Raum unser Tag beginnt und auch endet. Daher hat sein Erscheinungsbild tagtäglich einen nicht unerheblichen Einfluss auf unsere Gemütslage. Nach einer unruhig verlaufenen Nacht kann der morgendliche Schritt in ein einladendes Bad-Ambiente die Laune heben und zumindest die Voraussetzung für einen guten Tag schaffen. Ist dieser dennoch suboptimal verlaufen, bietet uns ein behagliches Bad am Abend die Möglichkeit, all dies hinter uns zu lassen und unseren Körper und Geist in wohltuender Atmosphäre zu verwöhnen. Behandeln wir also die ehemalige Nasszelle mit dem ihr gebührenden Respekt und verwandeln sie in eine Wohlfühloase von morgens bis abends.

 

 

 

 

 

 

 

 

TEXT: Rainer Güntermann

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