DER LAUT BLÄSER

Bald ist es mit dem Feierabendkonzert der Grillen schon wieder vorbei, denn dann schlüpft der Nachbar nach seiner Rückkehr zu Heim und Herd vom Businessoutfit direkt in die Gärtnerfunktionskleidung, klemmt sich –falls auf das Wohlbefinden seiner eigenen Lauscher bedacht- die Kopfhörer auf, schwingt den Schulterriemen des Laubsaugers über und legt los. Akribisch, in exakten Parallelbahnen und mit gleichbleibend lockeren Schwüngen aus der Hüfte pustet er mit Formel 1-ähnlichem Aufheulen in ebenfalls gleichmäßigem Takt alles nicht fest im Boden Verankerte gen Grundstücksausgang, sprich Straße. Dort wird das Blasgut dann schlurfenden Kindern, dem Wind, letztlich aber der Müllabfuhr überantwortet.
Werden die Pumpgun-ähnlichen Weg-Puster gerne von den Männern und für alle zu beblasenden Flächen ab drei Quadratmetern benutzt, wählen blasaffine Frauen gerne das Handfeuerwaffen-ähnelnde Lightmodell, dessen Handhabung sie ja bereits vom allseits griff- und einsatzbereiten Handstaubsauger beherrschen. So lässt sich auch der kleinste Ahornsämling von der Fußmatte bis zum Rinnstein pusten, ohne die French-Nails beim Einsatz von Handfeger und Kehrblech unnötiger Bruchgefahr auszusetzen. Der Mann seinerseits gewinnt Zeit für den allabendlichen Besuch der Muckibude, um weiter an der so erstrebten V-Silhouette zu arbeiten. Dass ein veritabler Straßenbesen beide Resultate, blitzsaubere Flächen und astreine Oberarm- und Schulterpakete, ganz praktisch in einem Arbeitsgang erledigen könnte, ist leider ebenfalls aus dem männlichen Gedanken-Garten weggepustet worden. So bleibt dem geplagten Nachbarn keine Verschnaufpause nach dem monatelangen Mäher-Motorengeheul, sondern er wird wehrlos der nun folgenden Bläser-Beschallung ausgeliefert. Trost spendet aber die Tatsache, dass diese Lärmsaison nicht so lange dauert, denn in der auch nur für ein Auto schon nicht mehr zugänglichen Doppelgarage wird schon der Motor der Schneeräumkanone gewartet.