Videoüberwachung des Grundstücks zulässig?

Marc Soiron

Marc Soiron

Fachanwalt für Miet- & Wohnungseigentumsrecht

Das Amtsgericht Gemünden hatte sich mit einem nunmehr immer häufiger auftretenden Problem, nämlich der Videoüberwachung eines Privatgrundstückes, zu beschäftigen. Die Parteien des Rechtsstreits waren Grundstücksnachbarn bei leichter Hanglage. Das Grundstück der Beklagteneigentümer lag etwas oberhalb des Grundstücks der Kläger. Die Beklagten hatten zwei Videoüberwachungskameras fest an der Gebäudewand in ca. 2 m Höhe installiert. Eine automatische bzw. funkferngesteuerte Veränderung der Ausrichtung der Kameras war nicht möglich. Ihr Sichtfeld war nach Angabe der Beklagten auf ihr Grundstück beschränkt. Die Kläger fühlten sich jedoch durch die beiden Kameras beobachtet und behaupteten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens, dass die Kameras auch ihr Grundstück erfassen würden. Ferner wären die Kameras für jedermann zu erkennen, sodass sie sich auch einem gewissen „Überwachungsdruck“ ausgesetzt sahen, der einen unzulässigen Eingriff in ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte darstelle. Die Kläger behaupteten zudem, die Kameras wären durch die Beklagten nur deshalb aufgehängt worden, um sie zu ärgern. Mit ihrer Klage verfolgten sie die Feststellung, dass die Beklagten es zu unterlassen hätten überhaupt Überwachungskameras aufzuhängen, die vom klägerischen Grundstück aus zu sehen seien.

Das Amtsgericht Gemünden wies die Klage mit Urteil vom 28.07.2017 – 11 C 187/17 – ab, nachdem es durch eine persönliche Inaugenscheinnahme vor Ort Beweis erhoben hatte. Hierbei wurde durch Einsicht in die von den Kameras erfassten Bereiche festgestellt, dass die Kameras entgegen der Behauptung der Kläger nur das Grundstück der Beklagten erfassten. Allerdings wurde im Rahmen des Ortstermins ebenfalls deutlich, dass die Kameras vom Grundstück der Kläger aus zu sehen waren. Im Rahmen der Entscheidungsgründe nahm das Amtsgericht zunächst einmal Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10.03.2016 – VI ZR 176/09), wonach die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Bereichen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Einzelnen kollidiert und daher ohne konkreten Anlass grundsätzlich unzulässig ist. Die Überwachung eines Privatgrundstückes, ohne dass dabei die Chance besteht, dass Personen im öffentlichen Raum aufgenommen werden, ist hingegen grundsätzlich zulässig. Danach waren die Kameras nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht verwarf auch die Argumentation der Kläger, wonach alleine die grundsätzliche Sichtbarkeit der Videokameras zu einem unzulässigen „Überwachungsdruck“ führen würde. Eine auf diesen Punkt gestützte Unzulässigkeit der Videoüberwachung käme allerhöchstens dann in Betracht, wenn konkrete Umstände vorgetragen würden, die es nachvollziehbar erscheinen ließen, dass die installierten Videokameras als Mittel der Druckausübung auf einen Nachbarn installiert worden wären. Dies konnten die Kläger nach Auffassung des Gerichtes jedoch nicht nachvollziehbar darlegen. Die Entscheidung des Amtsgerichts Gemünden zeigt die Grenzen der privaten Videoüberwachung auf. Ein Grundstückseigentümer kann grundsätzlich seinen eigenen Grund und Boden mittels Kameras überwachen, sofern der Nachbar oder öffentliche Wege durch die Ausrichtung der Kameras nicht erfasst werden. Etwas anderes gilt allerdings für die Eigentümer von Mehrfamilienhäusern. Hier ist das Aufhängen von Videokameras auf dem eigenen Grundstück nicht erlaubt, wenn nicht sämtliche Mieter ihr diesbezügliches Einverständnis erklärt haben. Zusätzlich wird vielfach gefordert, dass auf die Videoüberwachung hingewiesen werden muss. Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses kann sich also nicht ohne weiteres auf den Schutz seines Privateigentums berufen, wenn er durch die Vermietung von Wohnungen einen „Verkehr“ von Mietern und deren Besuchern im Treppenhaus eröffnet.

TEXT: Marc Soiron